Zwei Erlebnisse der letzten Zeit haben mir Gelegenheit gegeben über ein grundlegendes Problem nachzudenken, das meiner Meinung nach auf der Wurzel vieler Übels sich befindet, was heute in der Welt zu sehen ist. Das Eine ist der ausdrücklicher Wunsch von Simone Kermes, zumindest die Abschlusskonzerte der Masterclass nicht mit freiem Eintritt zu veranstalten, um "das Publikum zur Kultur auszubilden", und das zweite Erlebnis war das finanzielle Hindernis für mich an zwei Veranstaltungen teilzunehmen, weil einfach mir die Mittel fehlten. Kultur und Geld. Ich möchte in diesem Beitrag über das Verhältnis der zwei Elemente nachdenken und eventuelle Auswege aus dem Dilemma finden. Schließlich leben wir in schwierigen Zeiten. Einerseits hat die Kultur in Zeiten von „Pandemien“ und Kriegen an Bedeutung verloren, andererseits bedrohen schwierige finanzielle Verhältnisse die meisten Menschen. In dieser historisch schwierigen Zeit ist der Künstler jedoch am meisten gefragt, um seine Stimme zu erheben und die Menschheit zu inspirieren, bessere Wege aus der Krise zu finden. Noch nie gab es so viele Künstler und so kommunikationshungrig wie jetzt. Dafür fühle ich mich aufgefordert, Wege zur Überbrückung des Konfliktes zu finden.
Ist Kunst ein Beruf zum Broterwerb?
... oder eine Berufung, des Geistes Untertan?
Was ist für mich die Kunst? Im Gegensatz zu den meisten meiner Kollegen sehe ich auch die Kunst, als ein Ideal. In keinem Fall sehe ich sie als einen Beruf um Geld zu erwerben und um zu überleben. Meine künstlerische Aktivität von meinem Magen abhängig zu machen, das ist absurd! Weil einfach die Kunst frei von der Not sein muss: sie ist zwar von der weltlichen Problemen inspiriert, aber nie davon abhängig. ich sehe soviel Künstler, die einfach um ein bisschen Geld zu verdienen ihre Kunst schnell verraten. Sie tun Dinge, die ihnen nicht passen, die ihre Seele keineswegs Ausdruck geben, sie gehorchen Interessengruppen, sie werden kurz gesagt manipuliert. Die Finanzwelt unserer neoliberalen Gesellschaft hat in der Kunst und Kultur ein gutes Mittel gefunden um ihre Ziele zu erreichen, sie nutzt also für ihre eigenen Zwecke eine Disziplin, die nur dem Göttlichen untergeordnet sein sollte. Die universale Inspiration: sie kommt vom Himmel, von der Seele, vom Geist, wie immer wir es nennen sollen: Aber das Geld und die Geschäfte dieser Welt sind bestimmt keine Inspirationsquelle für die Kunst.
Das bedeutet, dass eine Kunst die als einziger Motor den Gelderwerb hat, ist keine Kunst. Sie ist leer vor ihrem wahren Kern: die Menschheit zu etwas höherem, zu universeller Schönheit zu inspirieren und vor allem ihr Lösungen für ihre Engpässe im Leben zu geben. Die Kunst soll unabhängig vom Geld sein und vor allem frei.
Die Seele eines Kindes wird von der Kraft und Schönheit der Musik begeistert, Liebe wird für diese Kunst geboren und das Kind entscheidet sich Künstler zu werden. Nie denkt dieses Kind in seiner Entscheidung, damit Geld zu machen. Das Kind wird aber später erwachsen und merkt dann, dass es Menschen gibt, die mit der Kunst viel Geld verdienen. Das sind weltberühmte Stars- wie Opernsänger oder Maler, oder Rockstars etc. Dieser Fakt vielleicht korrumpiert manche Künstlerseelen. Andererseits ist der gesellschaftliche Druck enorm "Du musst ein Job haben, du musst genug Geld haben um deine Miete zu zahlen, um eine Familie zu gründen und besorgen"... Das hören wir täglich, von Eltern, Gesellschaft und wer möchte denn Aussenseiter sein? Unter dem Druck der Gesellschaft werden viele Künstler zu "Beamten", sie machen ihre Kunst zum Job. In der selben Zeit wird die Kultur zu einem Gut für die Börse.
Geht es anders?
Erstens muss der Künstler bereit sein, Opfer für seine Muse zu bringen. Nein, der Künstler ist kein normaler Mensch, wie ein Bäcker oder eine Krankenschwester, die jeden Tag arbeiten muss, ein Gehalt bekommt und damit Miete zahlt und das Glück hat, eine Familie zu gründen. Wir sind des Geistes Untertanen. Manchmal kann man nicht 8 sondern 40 Stunden am Tag arbeiten, also intensiver, multidimensionaler. Und warum? genau um die Bäcker und Pfleger, diese wunderbaren so wichtigen Menschen, zu dienen. Es ist schade zu sehen, wie Arbeiter in unserer heutigen Zeit aufgrund des immer grösseren Mangels an Menschlichkeit und elementaren Werten in unserer Gesellschaft zu Sklaven gemacht werden. Wir tragen die Verantwortung, die ewigen Werte in der Gesellschaft zu bewahren, damit die Menschen kein Leid anderen Menschen zufügen, damit die Liebe überwiegt. Dazu muss der Künstler frei und unabhängig von der Gesellschaft sein.
Viele Kollegen fragen mich, wie soll das gehen? Wie können Sie auf diese Weise arbeiten und überleben? Meine Antwort ist immer dieselbe, und doch scheint niemand es zu verstehen: Du bist dem Geist unterworfen und musst deinem "Herrscher" vertrauen. Er wird dich niemals hungern lassen. Ich kann es nur mit meinem Leben bestätigen. Ja, es gab Zeiten, in denen ich harte und schlechte Jobs machen musste, um mein Studium und meine Miete zu bezahlen. Aber nie als Künstlerin. Ich arbeitete als Putzfrau, Verkäuferin, Dolmetscherin und Musiklehrerin für Kinder, aber dann ging ich nach Hause und machte MEINE Kunst, wie ich sie verstehe. Ich glaube dass viele Künstler so gelebt haben: Eichendorff arbeitete als Beamte und dann ging er nach Hause und schrieb Poesien. Ja, mein Opfer war, dass ich das Musikgeschäft verlassen musste, weil es mir nicht mehr entsprach, wie es sich entwickelt hat. Dieses Geschäft ging den Bach runter: Jeder, der sein Leben davon abhängig macht, wird mit ihm untergehen. Ich habe heute kein Vermögen und leider auch keine Familie, aber ich bin mir treu geblieben, und am Ende zählt nur das. Wir sind wie Mönche, wir gehorchen einem Gott. Er allein schenkt uns Glück und Erfüllung unserer Aufgabe. Das war all die Jahre mein Motto: Und schau, ich lebe noch, ich bin gesund, ich habe einen wachen Geist, ich bin frei. Und ich denke, jeder Künstler kann diesen Weg gehen und vor nichts Angst haben, nur glauben. Manchmal glaube ich, die Welt, einschließlich der Kunstwelt, wäre heute viel schöner, wenn mehr Künstler so denken würden wie ich.
Kunst in einer kapitalistischen Gesellschaft
Ich werde nie vergessen, mit welcher Befremdung ich bei meiner Ankunft in Italien, die Werbungen der Sänger in Musikzeitschriften sah. Als wären Sie ein Shampoo oder eine Schuh-Marke: Schönes Bild, Repertoire und unten der Kontakt zu dem Verkäufer: seine Agentur. Ich blieb aber in Italien und erlebte diese ganze Situation, ich hatte selbst für eine kurze Zeit eine Agentur die mir ein Paar Jobs gab. Und diese waren gut bezahlte , die mir damals ein gewisses gutes Leben erlaubten. Das bedeutet, ich verachte den Job des Agenten und auch das Geld nicht. Wie konnte ich? Es gehört zu den Errungenschaften der menschlichen Zivilisation und ist ein fundamentaler Grund für unsere Kultur. Ohne Geld gibt es kein Handel, keine Reisen, keine Beziehungen zwischen Kulturen, Menschen, Ländern - und auch keine Entwicklung der Zivilisation. Wir streben ein geordnetes Leben an: das geht nur mit Hilfe dieser Erfindung, die Geld heißt. Auch wir Künstler brauchen es, und wie! es ist ein Segen für unsere Gesellschaften und zum Glück gibt es eine Wissenschaft, die seine Regeln untersucht, die Ökonomie. Aber es sieht so aus, dass einige dieser Wissenschaftler dachten, die Kunst und Kultur sollte dieser selben Regeln unterordnet werden, wie alles andere Produkte. Ich habe das Gefühl, dass die Absichten dieser Menschen am Anfang gut waren. Leider aber mit der Zeit und vor allem nach einer gefallenen Moral und immer grösserem Mangel an Bildung und Kultur in der Gesellschaft, am Ende brachte diese Monetarisierung des Geistes und abstrakte Werte einen erheblichen Schaden. Nicht nur im Bereich der Kunst, sondern vor allem in anderen lebenswichtigen Bereichen wie die Gesundheit und die Ausbildung. Mit einzigem Zweck den Gewinn, wurde das Ideal und die Ehrfurcht vor diesem Ideal verloren. So war vielleicht der Kapitalismus am Anfang nicht böse gedacht, aber heute endet er als ein böser Alptraum wie die unglaublich unmenschliche Situation während der Pandemie uns gezeigt hat. Diese Jahre haben nur die unglaubliche Dekadenz und Korruption der Gesellschaft zum Ausdruck gebracht. Nichts war mehr heilig: nicht das Leben, die Demokratie, die Debatte, die Wissenschaft, die Kultur, die Gesundheit, die Ausbildung. Alles geopfert am Altar von skurrilen Interessen-Verfolgungen, Business und Geschäfte. Die Lobbys ergreifen Macht über Politiker, die Politiker über Bürger, dazwischen waren wir geistige Arbeiter, die am meisten gelitten haben. Für zwei Jahre schwieg die Kultur, die Kinder gingen nicht mehr in die Schule. Die geistige Komponente unseres Lebens, der von der Natur her frei sein sollte, unterlag in Ketten. Der Künstler ein Geisel. Wie soll das alles enden?
Ich bin der Meinung, dass irgendwo auf dem Weg der Maß verloren gegangen ist. Denn "Alles mit Mass ist perfekt" ist immer eine goldene Regel. Wir ehren unsere Ideale, wir schätzen Tugend und verfolgen das Ideal - ohne das Materielle zu verachten. Aber welcher der zwei ist wichtiger? Soll ein Gleichgewicht zwischen den beiden sein (50% jedes), oder soll eins der zwei Elemente - Geist und Materie- wichtiger sein, erster Ratgeber?
Zurück zur Wurzel - Wie war es damals?
Die griechischen Philosophen haben die Wichtigkeit der Tugend immer hervorgehoben. Ein weise Mensch allein, hat die Möglichkeit gut und glücklich zu leben. Aristoteles spricht über "Phronesis", eine Vernunft die unser praktisches Leben zu regulieren verspricht und Erfolg. Natürlich muss ein weiser Gedanken hinter jeder unserer Aktion sein, wenn wir etwas Gutes leisten möchten. Ohne ein Szenario kommen wahrscheinlich unsinnige chaotische Aktionen zustande und mit einem schlechten Szenario katastrophale Aktionen. Wollen wir auch etwas Gutes erreichen, nicht wahr? Dann müssen wir ein gutes, gut gedachtes, möglichst weises Vorhaben haben. Das können aber besser Individuen mit einer Kultur und einer Erziehung des Geistes in Werte und Ideale der Klassik, wie Freiheit, Humanismus, Bewahren des Guten, Schutz der Natur, Glück aller Menschen... Wir möchten eine Gesellschaft schaffen, wo wir alle zusammen friedlich und glücklich, in gegenseitigem Respekt leben. Dann müssen wir geistig wach und gut sein.
Nun schauen wir uns um uns? Sieht die Gesellschaft wo wir leben so aus? Gerade heute ist das Unglück, die Armut, die Krankheit und der Krieg wieder in Expansion. Weil wir den guten Geist wovon die griechischen Philosophen in deren politischen Schriften geschrieben haben, vernachlässigt haben.
Die Antwort ist also "Ja, Materie und Geist sind gleichberechtigt, aber der Geist soll eine führende Kraft über die Materie haben und daher ist wichtiger. Und damit seine Führung gut ist, muss man sich um seine Vollkommenheit und Reinheit kümmern".
Die drei geistige Disziplinen
Die Erziehung und Führung des menschlichen Geistes ist Aufgabe der Disziplinen die mit dem Geist verbunden sind: meiner Meinung nach das ist die Kunst, die Wissenschaft und die Religion. Jeder Mensch, je nach Temperament findet einen Weg für seinen Geist und alle drei sind gleichberechtigt. Meiner Meinung nach, ist die Kunst dazu berufen, den Geist der Menschen zu erziehen: ihr Weg ist der des Unterbewussten, was man mit Worten schwer erklären kann, aber die Dichter, die Musiker, die Maler haben die Mittel in derer Hand um diese Nachrichten aus dem All mit Hilfe ihrer Kunst der Menschheit zu vermitteln. Die Wissenschaft – anders als die Kunst – nutzt Rationalität um die Spuren des Geistes zu folgen und von ihm Lehren zu bekommen. Die Religion sammelt und verbreitet die Nachrichten die verschiedenen außerordentlichen Menschen vor uns, Propheten, Weisen in Schiften für uns hinterlassen haben. Die meisten der Religionen sind Quelle von unendlich großer Weisheit, die Menschen in einer mystischen Kommunikation mit dem höheren Wesen bekommen haben und für uns großzügig und kostenlos weitergeben, um uns zu erleuchten, besonders wenn unser Leben in Gefahr ist und wir im Dunkeln gehen. Diese drei Disziplinen sind natürlich auch sehr verbunden, und über alle zusammen liegt die Philosophie: Die Liebe zur Weisheit. Athene, die Göttin der Weisheit war für die Alte Griechen die Patronin der Musen, also die Göttinnen der Wissenschaften und Künste. Die Musen ihrerseits begeisterten und inspirierten Künstler und Wissenschaftler, und sie schenkten der Menschheit schöne, inspirierende Früchte - und das brachte Wohl und Glück.
Es gibt nun auch kein Zweifel für mich, dass der Geist frei sein muss. Inspiriert von höheren Sphären soll er die Führung der Materie übernehmen und nicht umgekehrt. Das heisst, es ist falsch wenn das Geld versucht Macht über ihn zu bekommen.
Damit muss ich zwei Phrasen widerlegen, die ich aus Funktionäre in Religion und Kulturinstitutionen gehört habe. "Eine Strafe zahlen ist eine gute Erziehungsmethode" sagte mir einst ein religiöser Funktionär. "Indem wir einen höheren Eintrittspreis für eine Veranstaltung verlangen, erziehen wir das Publikum zur Wertschätzung der Kultur". Diese zwei Menschen waren überzeugt, dass mit dem Geld und seinen Regeln man Menschen erziehen kann. Aber die Wahrheit ist das nur mit dem Geist kann und sollte man Menschen erziehen. Und der Geist unterliegt keinen menschlichen Gesetzen. Er hat einen kosmischen Ursprung, er ist göttlich und nur der Gott (womit ich die universelle Gesetze meine) hat Macht über ihn. Auch die Erziehung des Menschen unterliegt dem heiligen Geist, er allein schickt seine Nachrichten und führt uns, über die Wege der Kunst, Wissenschaft und Religion. Nichts anderes.
Athene und Hermes
Viele Gesellschaften haben die Freundschaft der zwei Götter idealisiert. Überall in den Bauten der Gründerzeit in Görlitz sieht man die zwei Götter zusammen. Hermes - der Gott des Handels - und Athene - die Göttin der Weisheit. Die sollen zusammen die Gesellschaft führen, dann ergibt sich Wohlstand: so dachten die Politiker in Preussen um 1889, Kinder der humanistischen Erziehung nach Humboldt und der europäischen Aufklärung. Sie haben das Materielle nicht aber auch das Geistige nicht vernachlässigt, sie haben sogar beide als Beschützer ihres Wohles gesehen. Nun, was bedeutet Hermes? Einerseits war er der Botschafter der Götter, Vermittler also des göttlichen Willens, Gott der Kommunikation aber gleichzeitig Beschützer der Händler und des Geldes. Was wäre die göttliche Weisheit ohne ihre Kommunikation auf Erden. Diesen Kanal zwischen oben und unten war für die Griechen und Römer Aufgabe des Gottes Hermes, des Handels und des Geldes Gott. Und sie, die Weisheits - Göttin, sie ist die Beschützerin der menschlichen Aktivitäten, die Mentorin der Menschen und Lehrerin der Künste und Wissenschaften. Sie entwickelt, er hilft bei der Verbreitung. Das ist auch eine Metapher für die perfekte Kombination zwischen Kunst und Geld. Sie hat die Aufgabe die Weisheit zu lehren, er diese Weisheit den Menschen zu bringen. Er dient der Ersten, aber die Erste ohne den Zweiten bleibt nur eine Abstraktion. Hermes ist das Mittel um die geistigen Werte im Leben der Menschen zu manifestieren.
Teure Eintrittskarten oder freier Eintritt?
Man darf also die Funktion von Hermes auch für die Kunst nicht verachten. Ohne ihn bleiben die Kanäle des Geistes zwischen oben und unten inaktiv. Nun aber wie soll das funktionieren? Weil es nicht danach aussieht, dass das Geschäft der Kunst wie es aktuell in der Welt existiert, einen Kanal zwischen den höheren Geist und die Menschen erlaubt. Im Gegenteil.
Ich mache mir einen Gedanken: wo und in welcher Weise habe ich den meisten und höheren Geist in meinem Leben bekommen?
a. Kostenloser Besuch in den Kirchen und Predigt von inspirierten Pfarrern, sowie Beratung von mancher dieser Pfarrer, die ihre Berufung geschätzt haben. b. Gespräche mit Eremiten die nichts je dafür verlangt haben, um ihren Geist kostenlos und liebevoll zu schenken. c. Herausragende Künstler und Kunstliebhaber, die eine Weisheit hatten und auch nie an das Geld dachten, um sie weiter zu verbreiten. c. Bücher, meistens von einer Bibliothek kostenlos ausgeliehen oder in einer Bibliothek geerbt, oder als Geschenk bekommen oder gekauft aber - Gottseidank - kann man immer billige gute Bücher finden. Teure Bücher heute sind kommischerweise nicht voll mit Geist, während die Klassiker findet man heute auch kostenlos im Netz finden. d. Besuch im Theater. Als ich mich im Theater und Oper zu hohen geistigen Ideen inspireren lies, war der Eintritt noch nicht so teuer. Ich konnte mir einen Besuch in Epidauros leisten, und die Bayrische oder Wiener Staatsoper hatte auch sehr billige Karten. Gleichzeitig waren damals - als alles noch nicht so teuer war - die Theaterstücke schön, inspiriert, voll mit Respekt für den Autor und die Werte. Je mehr die Preise der Regisseure, der Agenten, des Star-Systems stiegen desto teurer die Eintrittskarten, desto unsinnig das Schauspiel. Die Vanity Fair der westlichen Großstädte übernahm die Macht über den Geist.
Ergebnis: nur reiche Menschen, die für einen großen Teil keine Ahnung von Kultur hatten, konnten sich einen Besuch ins Theater leisten, während die breite Masse blieb dem Theater und der Musik, vor allem wenn sie klassisch ist, fern. Inzwischen sind sie bereit hohe Preise für ein Rock-Konzert zu zahlen, aber sie haben kein Interesse mehr für die Kunst, die wirklich ihrem Geist helfen konnte. Sie halten es für Elitär, und so sieht es aus wenn es so teuer ist. Die Kultur der Klassiker wird heute als etwas veraltetes gesehen, mit der Opa die Oma verbunden, weltfremd, unnötig, Spass für Reiche. Diese Haltung ist leider entstanden, weil das was kostenlos sein sollte, wurde zu Kunst für einer Elite gemacht, teuer verkauft und unverschämter Business.
Das alles ist komplett falsch! Und ich gebe dem Volk keine Schuld, wenn sie diesen Eindruck bekommen haben, weil so wurde sie präsentiert, mit dem katastrophalem Ergebnis, dass die breiten Massen der Gesellschaft ohne Kultur im klassischen Sinne bleiben, ohne geistige Führung und dafür vollständig manipulierbar, ungesund. Die Gesellschaft geht konsequenterweise den Bach runter! Dass ich davon verschont wurde, obwohl ich aus armen Verhältnissen stamme, hängt damit zusammen, dass meine Mutter noch in einer kommunistischen Gesellschaft aufgewachsen ist, wo die Kultur einen hohen Stellenwert hatte und kostenlos den Menschen angeboten wurde. Sie lies Bücher, hörte Klassik und obwohl sie kein Geld hatte, schätzte sie mein Bedürfnis Musik zu studieren.
Es ist also höchste Notwendigkeit eine Strategie zu entwerfen um das entstandene (ich schätze in den 90er) Problem schnellstens zu lösen und die Kultur wieder als Hoffnungsträgerin, Heilerin und Führerin für die Gesellschaft zu präsentieren. Nun, wie?
Einen Weg suchend
1. Es gibt keinen anderen Weg als zurück zu einer gesunden, geistigen Kunst, die Ihre Berufung wiederfindet und dessen Aufgabe für die Gesundheit der Gesellschaft bewusst wird. Inspirierte Künstler, hohe geistige Projekte mit göttlichen Nachrichten. Allein eine Gänsehaut, eine Träne, eine inspirierende Idee kann der Katalysator werden, um eine ganze Gesellschaft zu verändern. Weil der Geist ist wie Elektrizität: sie verbeitet sich automatisch, wenn es einen Kanal gibt. Aber sie muss wirklich wie ein Strom sein, von hoher Kraft. Dann bringt sie Licht, sie bewegt, sie gibt Kraft.
2. Dann muss der inspirierte Künstler einen Weg finden, eine „ Hermes “-Vermittlung, damit seine Ideen und Nachrichten, den Weg zu seinem Publikum schlagen. Die Vermittlung muss in diesem Fall gesauso rein und ethisch sein wie der Künstler selbst, und nicht korrumpiert. Hermes, ist ein Sohn von Zeus und ein Gott für die Griechen, also aus höherem geistigem Stoff. Es gab in der Vergangenheit Intendanten, Impressarios, Talent-Scouter, Produzenten von Theater und Musik sowie Malerei Ausstellungen die wirklich von diesem hohen Geist beseelt waren. Ich denke jetzt gerade an Sergej Diaghilev oder selbst Antonio Vivaldi, der neben dem Komponieren sich für seine Weisen Musikerinnen des Ospedale della Pietá engagierte und schliesslich auch für bestimmte Sänger und Sängerinnen die ihm am Herzen lagen, Rollen schrieb. Händel auch: eigentlich die meisten Komponisten der Barockzeit waren auch Impressarios, weil sie sich am meisten mit Musik und Künstler auskannten. Auch Antonio Bioni war Sänger, Komponist und Impressario.
Der Impressario ist auch heute sehr wichtig damit die Künstler, die richtigen Künstler einen Weg zwischen ihrem Arbeitszimmer zum Zuhörer finden. Auch für Ihn soll das Geld nicht die erste Sorge sein, sondenn die geistige Qualität der Kunst. Diaghilev bleibt immer noch mein bestes Beispiel, weil er hohe Ideen und Geist zu Manifestation brachte. Wie wäre die Welt ohne Sheherezade, Sacre de Printemps, Apres midi d´un faune?
Und nun kommen wir zum Geld. Der Motor des Ganzen. Das womit man Szenografien und Kostümen vorbereiten kann, die Honorare der Musiker und anderen Künstler zahlt, die Reisen, Unterkünfte, den Strom etc etc.
Das muss gefunden werden. In der ganzen Geschichte des Theaters wurde immer das Geld verfügbar: ob als Einkommen durch Eintrittskarten, wenn das Spektakel offen für das Volk ist, und Förderung durch Mäzene. In großem auch heute sollte dieses Modell funktionieren, aber weil wir in einer Zeitenwende leben, sollten wir vielleicht auch die Existenz von neuen Wegen und Ideen schätzen.
Neue Ideen
Ich persönlich finde, dass Menschen in keine Schubladen gesteckt werden sollen. Die letzten Jahre hat sich eine Ideologie verbreitet, die uns diese neue Notwendigkeit bewusst machen möchte. Dass jeder Mensch selbst bestimmen kann, was er ist und wie er leben will und keine gesellschaftlichen Modelle haben auf die universelle Seele des Menschen eine Macht. In unserem Fall: ein Musiker ist nie nur ein Musiker. Szczepan Dembinski ist Cellist, Komponist, baut Instrumente, kennt sich gut mit Internet aus, spricht mehrere Sprachen. Und wer weiß wieviele Talente er noch hat.
Ich liebe die Musik, das Theater, ich habe Operngesang studiert. Ich bin aber auch Wissenschaftlerin, ich habe Erfahrung mit Forschungsarbeit, organisiere, baue Websites, spreche sechs Sprachen und bin eine gute Agentin, also ich habe ein ziemlich breites Kunstverständnis. Ich kann bestimmt noch vieles tun, nicht allein singen. Heinz hat Zahntechniker studiert, aber er spielt 3 Instrumente: nun ist er ein toller Tontechniker ohne es studiert zu haben und kocht fantastisch. Wir sind mehr als ein Name, eine Tabelle, ein Beruf. Das sollen und dürfen wir auch ausleben. Also nicht nur singen, sondern auch andere Berufe gleichzeitig machen.
Der Globe von Shakespeare war eine Gruppe von Theatermenschen, die eine Compagnia zusammen gegründet haben. Das Einkommen haben sie miteinander geteilt. Zu dieser Zeit gab es aber nicht so viele Theater wie heute. Den Erfolg verdankte Globe bestimmt auch Shakespeare da er geniale Stücke geschrieben hat. Aber auch dass die Aufführungen offen für die Massen war, und ein gutes Geschäftsmodel hatte. Wir brauchen auch heute das ganze Wissen der Ökonomie über Geschäftsmodelle um ein Theater perfekt zu laufen, und wir brauchen geistreiche, perfekte Schauspieler, Impressarios und Theaterstücke, auch neue!
In dieser Compagnia teilen die Künstler das gemeinsame Theater, die gemeinsame Unterkunft, sie schmieden ihre Pläne zusammen, sie sind gemeinsam kreativ, sie investieren gemeinsam ihre Kräfte in das Projekt und teilen gemeinsam das Einkommen. Gemeinsam: "in comune"... wie in einer Kommune. Und da heute wir einen großen Bedarf bei der geistigen Erziehung der nächsten Generation haben, diese Künstler sollten in den Räumen der Compagnia die jungen Menschen nicht nur in Musik, sondern auch in Philosophie, Geist und alles was aus einem Menschen ein besseres, harmonisches, friedliches und gesundes Wesen macht, unterrichten. Nach den Idealen der Renaissance, Aufklärung und Klassik. Unterricht ist auch eine Einkommensquelle.
Schlussfolgerungen
Meine Schlüsse nach diesen Reflexionen ist, dass Simone Kermes kein Unrecht hatte, wenn Sie über die Notwendigkeit der Eintrittskarten gesprochen hat. Aber sie hatte kein Recht, wenn sie meinte, dass wir in dieser Weise ein Publikum erziehen. Das Verlangen einer Eintrittskarte ist nicht gegen die Freiheit der Kunst, wie ich immer gedacht habe. Für mich war das selbstverständlichste der Welt eine Veranstaltung ganz offen für das Publikum zu machen, und jeder nach der Veranstaltung sollte zahlen was ihm am liebsten war. Die Idealisten und die Mäzene zahlen viel, die Geizige und die Mittellose wenig. Am Ende aber, dachte ich, das Einkommen wäre höher als wenn man Eintrittskarten verlangt, wenn die Menschen nicht als Träger von Geld angesehen werden sondern als Menschen wie wir, das Spiegelbild von dem was auf der Bühne passiert (um wieder Shakespeare zu zitieren). Wenn auf der Bühne geistreiche Menschen auftreten, für die nicht das Geld der Motor ist, sondern die Prämie (genauso wie in der Kirche) dann bekommen Sie viel, wenn sie ihr Publikum berührt haben. So dachte ich immer, aber leider bis heute dieses idealisierte Bild einer Musikveranstaltung hat nicht so funktioniert, wie ich es mir vorgestellt habe. Die Künstler waren nicht immer die inspirierte Geister und das Publikum auch nie so hungrig nach Geist. Keine jungen Menschen, keine neuen Menschen, und alles lief wie im Musikgeschäft, nur kostenlos und mit wenig Budget.
Jetzt weiß ich das der beste Weg, der mittlere Weg zwischen dem was die Simone Kermes will, und das was ich will, ist. Eintritt aber auch Geistigkeit und Soziales.
Nun möchte ich für die nächste Veranstaltung (Abschlusskonzert der Masterclass von Simone Kermes dieses Model ausprobieren.
Die Gründung einer Compagnia
Sagen wir so: ich möchte eine neue eigene Compagnia begründen. Sie ist so wie das Globe von Shakespeare, oder das Ballet Russes von Diaghilev, und es hat folgende 3 Ziele: Erhabene Kunst (Ars Augusta) in der Bevölkerung und für die Welt zu schaffen, diese magische, schöne Gegend zu beleben, die Künstler zu fördern, vor allem sterben, die wirklich etwas zu sagen haben. Mein Mittel ist vor allem die Gesangskunst (Oper, Theater, Liederabende und Konzerte).
Wie das Globe, sollte meine Künstlertruppe in dieses gemeinsame Projekt mitinvestieren, vor allem Energie. Wie das Ballet Russes, meine Truppe braucht einen inspirierten und voll engagierten Leiter. Und schließlich, der Adressent dieser Kunst, das Publikum, soll ein großer Teil dieser Arbeit mit ebenso viel Liebe und Engagement umarmen, wie das der Leiter und seine Künstler tut. Dann kann etwas entstehen, das für alle ein Schatz sein kann. Kraft und Schönheit, Gesundheit und Inspiration geben. Ein gemeinsames Projekt für alle.
Das sollte für einen Teil von wohlhabenden Förderern unterstützt werden, wie im Fall beider Beispiele, Globe und Ballet russes. Und den kleinen Obolus sollte auch ein Publikum geben. Nach Möglichkeit. Für alle muss die Institution ihre Türe offen halten, aber diejenige die mehr können, sollten mehr geben und die nicht können, trotzdem dürfen und sollen darin teilhaben, wenn sie das möchten. Ohne Zwang.
Ein anderes wichtiges Element dieser Institution ist, das sie Türen klopft – von Menschen zB die den Kontakt zur Kunst der Klassik verloren haben. Werbung und Verbreitung über alle möglichen Kanäle die Technologie und Modernität bietet. Der Merkur-Teil.
Ich schätze, dass diese Bedingungen reichen würden, um etwas Schönes auf die Beine zu stellen. Der Rest wird sich beim „tun und lernen“ ergeben.
Es wurde gerade ein neues Programm INTERREG erröffnet, zwischen Görlitz und Jelenia Góra. Ich finde, das bietet mir eine große Chance die Compagnia zwischen Königshain, Görlitz und Bad Warmbrunn zu eröffnen. Mit noch einer Stätte für die Theater- und Musikspiele in der Perle von Zeliszów. Das Theater in der Scheune in Königshain und das Kurhaus Theater in Bad Warmbrunn sind die zwei Stätten, während die Proben und Übernachtung finden dann in PEREGRINUS statt. Dwei Nebenstätten, vor allem für Kammerstücke mit Klavier können wir noch nutzen: Gerhart-Hauptmann-Haus in Jelenia Góra, Herrenhaus Gosswitz und Apollo in Görlitz.
Als Repertoire werden wir Alte Musik haben, vor allem das Erbe Augusts III und Augusts Poniatowskis, dessen Aufführung gerade eine Lücke ist. Aber auch Repertoire-Stücke neu interpretiert, und Theater und Musiktheater aus der Jahrhundertwende in mehreren kleinen Räumen wie das Gerhart-Hauptmann-Haus in Jelenia Góra und das Herrenhaus Gosswitz. Auch für neue Stücke und Kommissionen müssen wir uns offen halten. Dann viel Glück, künftige Compagnia Ars Augusta.
Comments