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AutorenbildEleni Ioannidou

Griechenland und Europa in Zeiten der Verwirrung | Interview mit Pedro Olalla

Vor einigen Tagen gab der spanische Philhellene in der zypriotischen Zeitung "Filenews" ein Interview, in dem er über Griechenland, den Philhellenismus, die Weltlage und Europa sprach. Ich finde die Gedanken des großen Intellektuellen so relevant, dass ich dieses Interview für meine Leser übersetze.


Pedro Olalla: Das heutige Griechenland hat endlich seine Liebhaber

Interview an Giorgos Savvinidis


Sein voller spanischer Name ist Pedro Olalla Gonzalez de la Vega und er ist Schriftsteller, Hellenist, Philologe, Übersetzer und Dokumentarfilmer. Er wurde unter anderem für seine Arbeit zur Förderung der griechischen Kultur, die er seit 30 Jahren vor Ort studiert, zum Botschafter des Hellenismus ernannt. Zu seinen Werken gehört der durch die Athener Akademie preisgekrönte „Mythologische Atlas Griechenlands“, für den er Zehntausende von Kilometern durch das Land gereist ist. Er ist sozialbewusst und weist auf die Notwendigkeit einer organisierten gesellschaftlichen Reaktion und der Verteidigung des gemeinen Interesses nach dem Vorbild der athenischen Demokratie hin. Wir trafen ihn anlässlich seiner Ankunft auf der Insel und seiner Teilnahme am 6. Internationalen Literaturfestival „Es gein enalian Cypron“ (altgriechisch für "auf dem vom Meer umschlossenen Zypern"), zu einer Diskussion über sein eigenes Griechenland und seine Gegensätze, aber auch über die Europäische Union, das seiner Meinung nach ist nicht mit der Demokratie vereinbar.


Wie viele Jahre haben Sie in Griechenland gelebt? Ich lebe seit 1994 dauerhaft. Und seit 1984 komme und gehe ich. Ich beschäftige mich also seit fast 40 Jahren mit Griechenland und die letzten 30 vor Ort.


–Hat diese Entscheidung einen emotionalen Aspekt, der über den fachlichen oder wissenschaftlichen Aspekt hinausgeht? Ja, die Wahrheit ist, dass das Emotionale schon immer existiert hat, aber es wurde im Laufe der Jahre weiter kultiviert. Zunächst gab es eine eher kulturelle, spirituelle Anziehungskraft. Aber in vier Jahrzehnten hat es sich auf allen Ebenen entwickelt. Das heisst jetzt, der emotionale, der lebensbezogene und der familiäre Aspekt sind in der Entscheidung enthalten, die ich viele Male erneuert und bestätigt habe. Ich hätte gehen können, aber ich lebe immer noch in Griechenland und ernähre mich von den Anregungen, die es mir bietet. Die bewusste Entscheidung zum Bleiben zeigt, dass es nicht nur Emotionen, sondern auch eine produktive „Befeuerung“ zwischen Land und dem Menschen gibt.


–Wie Sie es beschreiben, sieht es aus wie die Entwicklung einer Liebesbeziehung. Gab es auf dem Weg dorthin Höhen und Tiefen? Natürlich gab es wie in allen Beziehungen auch Höhen und Tiefen. Es gab Thesen und Widersprüche, aber ich beharre darauf, dass die Tatsache, dass ich nicht gegangen bin und mein Interesse an Griechenland und der griechischen Kultur nicht verloren habe, entscheidend ist.


– Gab es eine Zeit, in der Sie frustriert waren? Nicht aus der Entscheidung, den Hellenismus vor Ort zu studieren. Von der herrschenden Situation ja, natürlich. Wer auch nur die geringste Sensibilität hat, ist heute in Griechenland von vielen Dingen enttäuscht. Lassen Sie mich hier natürlich sagen, dass es sich um ein globales Phänomen handelt. Es ist nicht endemisch; es ist epidemisch. Allerdings ist die Situation in Griechenland in den letzten Jahrzehnten – nicht mehr Jahren – schmerzhaft. Ich habe es nicht als Beobachter oder Augenzeuge erlebt, sondern als Leidender, als politisches Wesen, das allgemein von der Situation betroffen ist. Die Situation ist immer noch enttäuschend. Wir haben das Kapital der Staatsverschuldung nicht geschlossen, wir sind in einer neuen Zyklus eingetreten, es ist nur so, dass das Thema hat uns alle müde gemacht und nicht mehr in den Nachrichten ist. Umso beunruhigender ist die Tatsache, dass wir nicht darüber reden.


– Hatten Sie sie vielleicht zunächst idealisiert und waren Sie deshalb mit der Zeit enttäuscht? Nein, ich hatte kein solches Problem. Manchmal, wenn jemand liebt Griechenland aus der Entfernung, pflegt er manche Eindrücke, die nicht so gut mit der Realität übereinstimmen. Bevor ich kam, hatte ich keine Illusionen, kein allzu idealisiertes Bild im Kopf. Ich war völlig offen für Anregungen und die Realität. Wenn es etwas gibt, das mich enttäuscht, dann ist es dasselbe, was mich in Spanien oder anderswo enttäuschen könnte: die Ungerechtigkeit, der Mangel an einem gesellschaftlichen Bewusstsein, die Willkür, der Egoismus.


-Sind diese Phänomene in Griechenland nicht intensiver als in Spanien? Ich würde nicht sagen, dass wir in diametral entgegengesetzte Richtungen gehen. Wir führen eher in vielerlei Hinsicht parallelle Leben. Leider sind es zwei Länder, die ähnlichen Situationen durchleben. OK, vielleicht gibt es in Spanien eine etwas besser organisiertere gesellschaftliche Reaktion. Aber es ist auch ein politisch gespaltenes Land mit seinen Widersprüchen und Gegensetze.


– Liegt die Quelle des Griechentums im Laufe der Zeit in der Geographie? Ja sicher. Die griechische Kultur im weitesten Sinne des Wortes, nicht nur vom klassischen Griechenland bis zur Gegenwart, sondern auch aus ihren tiefen Wurzeln heraus, entsteht und entwickelt sich im Ägäisgebiet, auf der Hemos-Halbinsel, in Anatolien, auf Kreta und in diesem ganzen Teil des Mittelmeers . Es ist eine Kultur, die zutiefst von der Geographie und dem Raum, in dem sie sich entwickelt, geprägt ist. Es ist auch historisch stark beeinflusst und gezeichnet von dem Element der Seeschifffahrt. Es reicht mindestens 15.000 Jahre zurück. Es gibt Hinweise auf einen Obsidianhandel in der Ägäis im Jahr 12.000 v. Chr. Und es gibt Inseln, die seit der Altsteinzeit bewohnt sind und zu denen der Mensch nur mit dem Boot gelangen konnte. Vielleicht reiste der Homo Sapiens vor 150 oder sogar 200.000 Jahren an diese Orte. Das Element der Schifffahrt liegt von der Errichtung von Gebäuden selbst. Vielleicht waren navigierende Elemente notwendiger als die Häuser. Es ist also diese Kombination aus Berg und Meer, Licht und Nähe zwischen Inseln und Küsten. Im Grunde ist es keine vom Meer umgebene Halbinsel wie Spanien. Es ist das genaue Gegenteil: ein Meer umgeben von Küsten und Inseln, eine Wasserheimat. Natürlich gibt es noch andere Faktoren, aber das Element Meer ist es, was die griechische Kultur wirklich auszeichnet.


–Welches andere Element halten Sie für entscheidend? Sehr wichtig und viel älter als wir denken ist das Element der Schrift, die Liebe zur Literatur. Es zieht sich als erkennbare Konstante durch die griechische Kultur von der Antike bis zur Gegenwart. Es ist eine Kultur des Logos und sogar des schriftlichen Logos. In den berühmten Gesetzen, die er zum ersten Mal den Athenern vorlegte, enthält Solon eine Erklärung: «Τους παίδας διδάσκεσθαι πρώτον νειν τε και γράμματα» („Lasst die Kinder das Schwimen und das Schreiben/Lesen lehren.“) Das erste, was Kinder lernen sollten, ist „nein“, also segeln (das altgriechische Wort νειν bedeutet beides, schwimmen und segeln, meine Bemerkung), auf See zu sein und mit der Literatur. Ich denke, keine andere Zivilisation könnte so epigrammatisch beschrieben werden, mit nur zwei Elementen: dem Meer und dem Logos.


– Stimmt das heute noch? Heute durchlebt sie eine allgemeinere Krise mit sich selbst. Wie überall auf der Welt gibt es auch hier einen Neigung zur Globalisierung, im Sinne der Eingliederung in einen gemeinsamen Flickenteppich von Ländern und Kulturen.


– Ist das nur schlecht? Es ist nicht nur schlecht, sondern neutralisiert auch viele der Merkmale, die jede Kultur traditionell hat. Das heißt, es versetzt traditionelle Kulturen in die Lage, überarbeitet und neu definiert zu werden. Ich denke, dass in diesem Prouess Griechenland die Grundlagen und Garantien hat, um stark und siegreich daraus hervorzugehen. Aber natürlich wackelt das Land noch. Und es wird durch all diese Herausforderungen und Einflüsse auf die Probe gestellt, die es sogar zur "Entgleisung" bringen könnten. Das heißt, die Identität und die guten Eigenschaften, die ihr im Laufe ihres historischen Weg folgten, zu verlieren und durch andere Elemente von geringerem Wert ersetzt zu werden, die als „modern“ gelten. Es ist eine Bedrohung, der alle Zivilisationen auf der Erde heute ausgesetzt sind.


Ist dies im Fall Griechenlands noch intensiver? Besser zu beobachten. Denn es gibt einen Bezugspunkt: eine riesige und alte Zivilisation, die sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hat. Es ist nicht in einer fernen Zeit stehengeblieben. Hier liegt der Wert einer Kultur: in der Fähigkeit, sich weiterzuentwickeln und andere immer wieder zu etwas Neuem zu inspirieren. Die griechische Kultur hatte dies schon immer. Aber jetzt denke ich, dass es einen Punkt erreicht hat, an dem es, wenn es nicht um einen Verfall, zumindest um eine Verwirrung geht. Es wird mehr beeinflusst mehr als selbst zu beeinflussen. Es ist der Zustand der Unklarheit, von dem wir zuvor gesprochen haben: Alles tendiert zur Assimilation. Griechenland, das über ein starkes Fundament verfügt und stabile und starke Vorbilder hat, um diesen Trends standzuhalten, hat dies nicht. Ich sage nicht, dass ihr Fall anders ist als andere. Aber der Kontrast ist mehr erkennbar und intensiver – vielleicht sogar noch tragischer –, weil es über die Jahrhunderte hinweg einen erkennbaren Bezugspunkt gibt. Es ist nicht irgendeine Zivilisation, ein unbedeutendes Land, das nie eine eigene Stimme hatte.


- Worauf führen Sie die Tatsache zurück, dass der Einfluss der modernen griechischen Literatur im Ausland nicht groß genug ist? Aus zwei Gründen. Einer davon ist der enorme Umfang der antiken griechischen Literatur. Der Einfluss des antiken Griechenlands auf die Weltzivilisation ist so stark, dass er den Einfluss des modernen Griechenlands in den Schatten stellt. Die Last ist nicht tragbar. Es gibt jedoch Menschen, die sich schon immer für das, was wir „gemeine Griechenland“ nennen, die gemeinsame Kultur, die uns alle verbindet, interessiert haben und dieses Interesse hat sie auch dem heutigen modernen Griechisch näher gebracht – so wie in meinem Fall. Der andere Grund ist möglicherweise die Dynamik der modernen griechischen Sprache im Ausland, die nicht so groß ist wie die der Englischen, Französischen und Spanischen. Dies hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten zu ändern begonnen. Mit den festen Ausnahmen von Kazantzakis, Seferis, Elytis oder früher von Cavafy, die moderne griechische Literatur in letzter Zeit findet auch bei Nicht-Griechischsprachigen Anklang.


–Woher kommt dieses Umdenken? Es ist hauptsächlich das Ergebnis der individuellen kulturellen Mission bestimmter Menschen, die das antike Griechenland schätzten und ein echtes Interesse am modernen Griechenland haben und zu dessen „Aposteln“ und Botschaftern wurden. Ich beziehe mich auf leidenschaftliche Übersetzer, die es persönlich nehmen und sich dieser Sache verschrieben haben. Sie finden nicht nur Werke heraus, die Anklang finden könnten, sondern sie übersetzen auch, suchen Verlage und suchen oft sogar neue Leser. Und das alles oft ehrenamtlich und unbezahlt. So erleben wir in den letzten Jahren die Ausbreitung der neugriechischen Literatur. Wir haben nun eine dritte Phase erreicht, in der sich eine Leserschaft im Ausland zu kultivieren beginnt, die sich für das heutige Griechenland und seine Schriftsteller, für die griechische "Sache" interessiert. Ich beziehe mich auf das Publikum von Schriftstellern wie Petros Markaris oder Thodoros Kallifatidis, die in den letzten fünf bis sechs Jahren in Spanien großen Anklang hatten.


- Warum glauben Sie, dass die Stereotypen über das moderne Griechenland und die Griechen im Ausland so tief verwurzelt sind? Es handelt sich um einige erkennbare Merkmale, nach denen der durchschnittliche Tourist sucht. Aber ich denke, dass es Leute gibt, die angefangen haben, regelmäßig zu hier kommen, weil sie es auf eine erlebnisorientierte Art und Weise und nicht nur in touristischer Stimmung lieben. Irgendwie werden sie zu Stammgästen und beginnen, sich nicht nur für das Griechenland der Stereotypen, sondern auch für andere Aspekte davon zu interessieren. Das heutige Griechenland hat schliesslich heute seine Liebhaber gefunden.


–Was ist Ihre Meinung zur literarischen Produktion Zyperns? Ich habe nicht viel davon gelesen. Die Teilnahme am Internationalen Literaturfestival gibt mir die Möglichkeit, dessen Vertreter kennenzulernen. In meinem Sinn, ist Zypern jedoch kulturell noch ein Griechenland und nicht etwas unterschiedliches. Vielleicht lassen sich Elemente einer eigenen Identität erkennen, einige Besonderheiten. Aber ich denke, was sie verbindet, ist eindeutig stärker.


– Als Bürger zweier Länder, wie sehen Sie die heutige Richtung des europäischen Projekts? Es ist seit langem bewiesen, dass es der Europäischen Union nicht gelungen ist, das fortschrittliche und solidarische Unternehmen zu werden, wie es anfangs vorgestellt wurde. Es ist nicht das Pan-Europa von Kudenhove-Kallergi, sondern das Europa von Walter Hallstein – mit allem, was dazu gehört. Das heißt, das Europa von Merkel, von Sarkozy, das Europa, das es geschafft hat, eine andere Macht, die bereits de facto existierte, in eine De-jure-Macht zu verwandeln.


- Wie meinen Sie das? Wir haben im Wesentlichen ein Rechtssystem geschaffen, ein De-jure-System, um eine De-facto-Macht zu verteidigen und ihr den rechtlichen Schutz zu geben, den sie nicht hatte. Wir haben diese Formation und diese Mechanismen geschaffen, um eine supranationale Politik als Deckmantel für finanzielle und ideologische Kräfte zu legitimieren. Das heißt Kräfte, die de facto bereits herrschten. Dies geschieht nicht zum Wohle der Völker Europas, sondern zur Wahrung der Interessen dieser De-facto-Macht. Wir haben es bei den sogenannten Rettungpakete gesehen. Wir haben auf die eigene Haut herausgefunden, dass das, was regiert, das Geld ist, dass die Herrschaft in den Märkten liegt und nicht in den Regierungen – und schon gar nicht in den Völker. Jetzt, mit dieser traurigen Begebenheit mit dem Krieg im Nahen Osten, sehen wir erneut, was die Prioritäten sind und wer das Sagen hat. Wie wir im Fall der Ukraine gesehen haben. Leider ist es ein Europa, das mich überhaupt nicht entspricht. Wir leben seit langem einen großen Betrug.


–In welcher Richtung geht Ihrer Meinung nach das vereinte Europa? Dieses Europa ist mit der Demokratie nicht vereinbar, weil die Interessen, die es vertritt, nicht die Interessen seiner Bürger sind. Es gibt keinen europäischen Bürger im Sinne eines „politischen Wesens“, des eigentlichen Trägers der Natur der Gesellschaft. Wir sind weder in Europa noch in unseren Ländern „Bürger“. Wir bauen ein Europa auf, das nicht mit der Ethik der Demokratie und den Werten, die vorherrschen sollten, vereinbar ist. Es ist kein Europa der Gleichheit, des Zugangs zu Gütern und der Gerechtigkeit. Es handelt sich im Wesentlichen um eine geheime Absprache, die versucht, die Interessen einiger weniger zu befestigen und diese Macht über die traditionelle Barrieren auszuüben, die von nationalen Regierungen, nationaler Gesetzgebung und den historischen Errungenschaften des Fortschittes der letzten Jahrhunderte in den Bereichen der Arbeit, Gesundheit, Bildung usw. errichtet wurden . Es funktioniert sogar über die Hindernisse hinaus, die die Demokratie selbst vorzeigt. Es geht in diese Richtung und zwar mit schnellem Tempo.


-Ist es Ihrer Meinung nach korrigierbar? Vor einigen Jahrzehnten war die Situation nicht so erkennbar. Aber wenn ich jetzt den Verlauf der letzten 15 bis 20 Jahre analysiere – also alles, was wir mit den Rettungsaktionen erlebt haben, und wenn ich sehe, wer wirklich der Herr ist, was die Agenda ist und welche Interessen auf dem Spiel stehen –, dann denke ich nicht, dass wir noch irgendwelchen Illusionen haben können. Wenn wir wirklich wollen, dass sich etwas verändert, brauchen wir eine Neukonstituierung der Vereinten Nationen und eine Neukonstituierung des Vereinigten Europas auf einer völlig anderen Grundlage. Um zu den Werten zu gelangen, die uns wirklich interessieren und die verteidigt werden müssen, denn jetzt verteidigen wir keine Werte, sondern nur Interessen.


– Gibt es Aussichten, dass das passiert? Es gibt, solange das Bewusstsein für die Situation besteht, solange wir über diese Themen sprechen können. Solange auch die Möglichkeit zum Kommentieren gibt – warum das verlieren wir auch. Die Meinungsfreiheit nimmt ab, sowie die Möglichkeit zum Dissens gegen das immer stärker werdende monologisch dominante Narrativ. Wir haben es bei der Pandemie gesehen, bei den Kriegen und beim Thema der Ukraine. Es ist schwierig geworden, anderer Meinung zu sein und nicht geächtet und als „Schwurbler“ abgestempelt zu werden. Aber schliesslich kommt die Realität und offenbart, wie die Dinge wirklich sind. Es gibt Hoffnung, aber man muss sich organisieren. Wie ich bereits erwähnt habe, es macht mich traurig, dass in Griechenland die gesellschaftliche und politische Organisation des Widerstands noch nicht gefestigt ist. Vieles ist uns bewusst geworden, weil wir viel gelitten und am Ende viel verstanden haben. Aber was den organisierten Widerstand gegen die Logik der "Einbahstrasse" angeht, haben wir keine großen Fortschritte gemacht.


-In welcher Zeit leben wir Ihrer Meinung nach? In einer eklatanten und bedrohlichen Zeit der Aushöhlung von Begriffen. Die Grenzen verschwimmen und es herrscht allgemeine Verwirrung. Einige haben zum Beispiel jetzt wieder die Gelegenheit genutzt, um von einem Krieg zwischen den Zivilisationen zu sprechen. Aber der einzige Krieg ist der Krieg der Zivilisation – mit Kapital geschrieben – gegen die Barbarei. Alles andere sind Vorwände um Menschen gegeneinander zu bringen und anstatt die Zivilisation zu verteidigen, um die Interessen zu verteidigen.


"Eleuthera", 3.12.2023






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