Am 19. August findet ein besonderes Ereignis an einem besonderen Ort statt. Die sogenannte „Perle von Żeliszów“ ist eine klassizistische ehemalige evangelische Kirche aus dem Jahr 1797 in dem kleinen Dorf Giersdorf, 15 km südlich von Bunzlau, die höchstwahrscheinlich vom berühmten Architekten Carl Langhans entworfen wurde. Diese Wahrscheinlichkeit beruht auf der Tatsache, dass es in der schlesischen Region zwei weitere Kirchen mit einem ähnlichen ovalen Saal gibt: die Evangelische Kirche in Waldenburg (Wałbrzych) und Reichenbach (Dzierżoniów). Die Kirche in Giersdorf (heute Żeliszów) ist jedoch vollständig im ovalen Stil gehalten: Diese runden Formen und die klassische Einfachheit (Säulen, Galerien, runde Fenster) überraschen jeden, der dieses Gebäude betritt. Hinzu kommt, dass sich dieses architektonische Juwel nun in einem Zustand der Sanierung befindet: Der Zustand der Halbruine verleiht dem Innenraum noch mehr Charme. Am Nachmittag, wenn die untergehende Sonne durch die Fenster scheint, entstehen in der Kirche unglaublich wirkungsvolle Lichteffekte, die dafür sorgen, dass die Kirche, „Perle von Żeliszów“ genannt, heute von Fotografen und Filmemachern aus aller Welt geliebt wird: die Bilder und Videos mit dem magischen Licht und der Schönheit des Inneren gehen um die weite Welt und machten den Ort weltberühmt. Aber das alles ist einer kleinen Stiftung, der „Stiftung Dein Erbe“ (Fundacja Twoje Dziedzictwo) zu verdanken, die die hoffnungslose Ruine vor genau 10 Jahren übernommen hat und sie langsam wieder zum Leben erweckt hat. Heute hat die Perle eine treue Fangemeinde, die das kulturelle Geschehen verfolgt und sich gleichzeitig für die weitere Sanierung dieses Denkmals einsetzt.
Die Zusammenarbeit von Idealisten
Seit 2018 besteht die Zusammenarbeit zwischen dem Görlitzer (unserem) Verein Ars Augusta e.V. und die Stiftung „Dein Erbe“. Die Vereinsvorsitzende und Gründerin von Ars Augusta e.V., Opernsängerin Eleni Ioannidou, sah in der Perle sofort den perfekten Veranstaltungsort für Oper und Theater. Auf den Emporen in zwei Reihen, die so an ein italienisches Theater erinnern, könnte das Publikum sitzen, während im Saal die Musik spielt. Die Tatsache, dass es sich bei dem Denkmal um eine ehemalige Kirche handelte, bestärkte die Idee, es zu einem Ort für Musik und Theater umzuwidmen, ein Haus der Kultur und Völkervertsändigung. Es begann eine Freundschaft mit den Gründern der Stiftung „Dein Erbe“, Thinloth und Wilk Korwin-Szymanowski, und eine enge Zusammenarbeit bei der Suche nach Fördermitteln für die weitere Sanierung.
Der Turm der Kirche konnte mit Zuschüssen der Polnisch-Deutschen Stiftung Denkmalschutz und der Erika-Simon-Stiftung renoviert werden, die Galerien mit Zuschüssen der Stiftung Preußisches Kulturerbe, die in diesem Jahr auch eine großzügige Spende für die Sanierung des Bodens bereitstellte. Darüber hinaus wichtige Förderung bekam die Stiftung durch die Woiwodschaft Niederschlesien während von der Nutzung des Ortes für Filme und Fotos, gibt es auch einige Einnahmen. Vor allem aber ist die ehrenamtliche Arbeit von Idealisten, die dieses Denkmal rettet.
Ars Augusta organisierte in Zusammenarbeit mit Frau Kempgen (Stiftung Evangelisches Schlesien) zwei Konzerte in der Perle, um Spenden für die weitere Renovierung zu sammeln. In einem dieser Konzerte sang Eleni Ioannidou, begleitet von Zofia Dynak, Lieder von Schubert und Musik von Mozart. Doch dann begann langsam der Traum von der Oper in der Perle Wirklichkeit zu werden. Ein Workshop für junge Musiker zum italienischen Madrigal hatte dort sein Abschlusskonzert (2020). Im Jahr 2021 wurde ein szenisches Konzert aufgeführt. Das von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Schlesischen Museum zu Görlitz und die Mitteldeutsche Barockmusik e.V. gefördertes Projekt „Der Schlesische Apollo“ mit Madrigalen von Heinrich Schütz und Andreas Hammerschmidt nach Gedichten von Martin Opitz spielte im Perlensaal in Zeliszów. Und dann 2023 inszenierte Ars Augusta im Rahmen des 34. Schlesischen Musikfestspiele die erste vollständige Oper in der Perle: „La serva padrona“ von Pergolesi. Der Anfang ist jetzt geschehen. Dieses schöne Beispiel der polnisch-deutschen Zusammenarbeit sollte weiter vertieft werden, denn wenn wir gerade von einer Renaissance sprechen: Es gibt so viel zu entdecken im Kulturerbe der Region, die vor 300 Jahren ein Kulturraum voller Theater, Opern und Musik war! Die böhmisch-katholischen Herrscher waren große Fans der Musik, insbesondere der italienischen Musik, die in Wien allgegenwärtig war. In jeder Kleinstadt Niederschlesiens hatten die Fürsten ein Theater, und luden Komponisten aus Wien und sogar aus Venedig hier ein, um Opern schrieben. Eine davon, "Issipile" von Antonio Bioni, für die Breslauer Oper im Jahr 1732 geschrieben, fuhr schon Ars Augusta als Filmproduktion in Zusammenarbeit mit der Oper am Schloss in Stettin 2021 auf. Dieses Erbe war bis dahin vollkommen vergessen, und wie ungerecht!
Wir haben nun die Gelegenheit, diese Werke wiederzuentdecken und uns so des historischen Reichtums unserer Region bewusster zu werden. Wir sitzen wirklich auf Schätzen und sollten sie langsam kennenlernen. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Institutionen kann dazu helfen! Die Renaissance ist bereits da.
Die Geschichte Davids
War nicht so ähnlich in der Geschichte Davids? Sie wird im Buch Samuels im Alten Testament erzählt. David war ein aus armen Verhältnissen kommende Junge, der die Musik liebte und zum Auserwählten Gottes und König von Israel wurde.
Gott widerrief seine Bevorzugung von Saul, dem König von Israel, weil er sich weigerte, die Amalekiter und alles, was zu ihnen gehörte, auszurotten. Dann schickte er den Propheten Samuel nach Bethlehem, um unter den Söhnen Isais nach einem neuen König Israels zu suchen. Letzterer ließ sieben seiner Söhne vor Samuel sich zeigen, aber keiner von ihnen war der Auserwählte. Dann fragte Samuel ihn, ob er noch andere hätte, und Isai antwortete, dass der Jüngste, David, der mit dem rehbraunem Haar und dem gutem Aussehen, die Schafe weidete.
Als er vor ihm gebracht wurde, sagte Gott zu Samuel: „Steh auf, salbe ihn, denn er ist es“.
Währenddessen drang ein böser Geist in Saul ein und quälte ihn, nachdem er von Gott abgelehnt worden war. Einer seiner Diener schlug vor, dass er einen Zitheristen, David, bringen sollte, der sein Leiden mit dem Klang seiner Leier lindern würde. Saul schloss sich David an und machte ihn zu seinem Waffenträger. Immer wenn der böse Geist zu Saul kam, spielte David auf der Harfe, beruhigte ihn und der böse Geist verschwand.
Die berühmteste biblische Episode über David ist, wie im ersten Buch Samuel berichtet, die des Kampfes mit Goliath, dem Philisterriesen, der die Juden terrorisierte und sie zu einem Duell herausforderte.
Die Juden, die im Terebinth-Tal lagerten und von ihrem König Saul angeführt wurden, befanden sich im Krieg mit den Philistern, die in ihren Reihen einen furchteinflößenden Riesen namens Goliath zählten. Vierzig Tage lang forderte Goliath die Armee Israels heraus und wartete darauf, dass diese entscheiden würde, wer von ihnen sich ihm stellen würde: Der Sieger würde seinem Volk erlauben, das des Verlierers zu unterwerfen.
David wurde von seinem Vater gebeten, zu den Brüdern im Lager zu gehen, Essen zu bringen und sich nach deren Zustand zu erkundigen. Während er im Lager war, hörte David eine weitere Herausforderung von Goliath und bot Saul an, selbst sich ihm zu stellen. Er sagte, er habe Bären und Löwen töten können, um seine Herde zu verteidigen. Saul kleidete ihn in seine eigene Rüstung, doch David zog sie nach einigen Schritten bewegungsunfähig aus und machte sich mit seiner Schleuder und fünf glatten Steinen, die er aus einem Bach gesammelt hatte, auf den Weg zum Schlachtfeld. Als Goliath sah, dass es ein Junge war, verspottete er ihn. Doch David nahm einen der Steine, die er bei sich hatte, schleuderte ihn mit seiner Schleuder, traf den Riesen an der Stirn und ließ ihn tot zu Boden fallen. David stürzte sich auf ihn und enthauptete ihn, indem er Goliaths eigenes Schwert benutzte. Die Philister flohen, wurden aber von den Israeliten verfolgt und dezimiert. Der Sieg machte David unter den Juden berühmt und brachte ihm die Freundschaft von Jonathan, dem Sohn von König Saul, ein. David heiratete später die Tochter des Königs, Michal.
"David" singt nun in der Perle
Diese Geschichte passt wunderbar, um das 10-jährige Bestehen der Stiftung "Dein Erbe" in der Perle zu feiern, die damals eine Kirche, dann Ruine und jetzt als "Tempel des Lichts und der Kunst" wiederbelebt. Wie mit der Wirkung eines höheren Geistes, aber auch mit Mut und Glauben wie es David hatte, konnte die Stiftung und ihre Freunde diesen Ort vor der Zerstörung retten.
Die Aufführung von Karl Ditters von Dittersdorfs Oratorium „David im Tal von Terebinth“ am 19. August ist aus zwei weiteren Gründen besonders wichtig. Es ist die erste Zusammenarbeit der beiden Stiftungen ("Ars Augusta" in Deutschland und "Dein Erbe" in Polen) mit der Tschechischen Republik und dem Ensemble „Studio Volantes“ aus Olomouc. Und der zweite Grund ist, dass es sich um die erste hier präsentierte Oper von Karl Ditters handelt. Der Wiener Komponist hat dieses Oratorium hier in Schlesien geschrieben, wo er einen großen Teil seines Lebens verbrachte und über 30 Opern, Oratorien oder andere symphonische Werke schrieb. Karl Ditters wird dafür auch als „Opernkomponist aus Schlesien“ bezeichnet. Eine Renaissance des so wichtigen und leider vergessenen Komponisten ist längst überfällig.
Karl Ditters wurde 1739 in Wien geboren. Es war eine Zeit, in der italienische Dirigenten und Librettisten wie Metastasio in Wien tätig waren: Der Barock brachte bald die Klassiker, Gluck mit seinem "Orfeo ed Euridice" reformierte 1763 die Oper, Mozart folgte direkt nach ihm und die Oper wurde zur wichtigsten Kunstform in ganz Europa!
Neben den großen bekannten Opernkomponisten trugen viele kleinere zu dieser historischen Entwicklung bei: Sie gründeten Musikkapellen in Kleinstädten, schrieben Opern, bildeten das Publikum und die Musiker aus, brachten neue Tendenzen! Etwa in der Zeit nach Gluck, mitten in der Aufklärung, begannen Bestrebungen, eine volksnähere Nationaloper zu schaffen: Das Singspiel wurde in Deutschen Sprache gesungen und aufgeführt. Karl Ditters lebte genau in dieser Übergangszeit vom Rokoko zur Klassik: Er studierte und arbeitete bei den Italienern in Wien (Giuseppe Bonno) und reiste mit Gluck nach Italien, wo er auch als Violinvirtuose gefeiert wurde. Und dann erhielt er eine Einladung des Breslauer Bischofs, nach Schlesien zu kommen, um in der Sommerresidenz der Bischöfe in Jauernick (Schloss Johannesberg) das Musikleben zu prägen. Er blieb dort 24 Jahre lang: Er sammelte und bildete lokale Musiker aus. Später lud er bekannte Sänger ein, sich dem Ensemble in Schloss Johannesberg (Jauernick) anzuschließen. Schrieb Opern und Oratorien, die leider noch immer unbekannt sind. Die Fürsten, Bischöfe und Herzöge der Region fungierten in einer für die Künste schwierigen Zeit (Siebenjährige Krieg und die Schlesische Kriege) als Förderer. Karl Ditters hatte gegen Ende seines Lebens mit Krankheit und Armut zu kämpfen. Aber Fürsten wie Karl Christian Erdmann (Württembergisch-Oels, zwischen 1790-1793) und später der böhmische Adlige Freiherr Ignaz von Stillfried hatten ihn auf ihre Anwesen genommen. Letzterer gab an den verarmten Komponisten in Nový Dvůr in Tschechien ein Zuhause, wo er 1799 starb. Karl Ditters ist daher ein gemeinsames Kulturerbe zwischen Wien, Breslau und Olmütz. Und auch Sachsen ist damit verbunden, denn 1885 schenkte der Herzog von Oels seine Bibliothek dem sächsischen König Albert, der dieses reichhaltige Musikarchiv der Sächsischen Staats- und Universitätsbibliothek in Dresden weiterschenkte. Heute befinden sich in Dresden rund 90 Manuskripte von Karl Ditters, von denen die meisten darauf warten, wiederentdeckt zu werden. Das plant Ars Augusta für das Jahr 2025, das Jahr, in dem sich die Gründung der Breslauer Oper zum 300. Mal jährt. Wir möchten sogar die Produktion einer der Opern aus dem Oels-Archiv nicht nur im Rahmen der Schlesischen Musikfeste, sondern auch für die Kulturhauptstadt Europas Chemnitz präsentieren.
Aus all diesen Gründen ist diese erste Zusammenarbeit mit "Studio Volantes" aus Olomouc bei der Perle von Zeliszow und „Davide“ von großer Bedeutung. Wir laden alle Freunde der Oper, der Musik, des Kulturerbes und der Projekte unserer Stiftungen ein, all dies zu feiern: das 10-jährige Bestehen der Stiftung Dein Erbe, die erste Zusammenarbeit mit Studio Volantes, die Wiederentdeckung von Karl Ditters, die Perspektive von 2025. Unterstützen Sie uns dabei.
Große Namen für "Davide" am 19. August
Die Veranstaltung wird ein kulturelles Ereignis mit hochkarätigen Musikern und Künstlern sein. Die szenische Produktion übernimmt der bekannte slowenische Regisseur Rocc. Der 1979 in Liubljana geborene außergewöhnliche Bühnenbildner und Regisseur hat bereits über 70 Produktionen auf den wichtigsten Bühnen der Region und weltweit inszeniert. Im Jahr 2017 inszenierte er auch Beethovens „Fidelio“ an der Breslauer Oper. Er war aber auch künstlerischer Leiter der Prager Oper und ist fester Mitarbeiter an den Opernhäusern in Brno, Troppau und bei Festivals wie dem Olmützer Barockfestival.
Der Regisseur entdeckte Bilder der Perle aus der Produktion unseres Vereins „Schlesischer Apollo“ und begeisterte sich von der Magie des Ortes, darauf kontaktierte er uns. So begann eine vielversprechende Zusammenarbeit.
„Davide“ wurde 2021 in der Brünner Kathedrale erst- wiederaufgeführt. Die Sänger waren eine Auswahl der besten jungen Interpreten aus der tschechischen Region: Doubravka Součková (Sopran, David), Aco Aleksander Bišćević (Tenor, Saul), Helena Hozová (Sopran, Jonathan), Jiří Miroslav Procházka (Bass, Abner) und Aneta Petrasová (alt, Eliab) haben bereits auf großen Bühnen und Festivals gesungen, darunter auch bei den Salzburger Festspielen. Die Produktion vereint auch Tänzer und Chor: alle zusammen begleitet das Orchestra Volantes unter der Leitung des Dirigenten Marek Čermák. Das sind große Stars, die wir am 19. August im Pearl erwarten.
Die hohen Kosten werden teilweise durch einen Fonds der sächsisch-tschechischen Zusammenarbeit in einem Projekt gedeckt, das Ars Augusta und Studio Volantes zusammenbringt. In den letzten Monaten haben wir sehr aktiv kommuniziert (dank an Google Meet und What´s App), um dem Ensemble den Aufenthalt und die Proben in Zeliszów zu ermöglichen, zu einer Zeit, in der auch das Keramikfestival in Bunzlau stattfindet. Es gehört ein großer Dank an die lokale Institutionen von Zeliszów für derer Unterstützung.
So können kulturbegeisterte Touristen nicht nur gleichzeitig die wunderschöne Region um Bunzlau und die Perle von Zeliszow besuchen, sondern auch ein hochwertiges Musikwerk des frühen Klassizismus und auch das Keramikfestival in Bolesławiec besichtigen.
Karten für das Event können über den Verein Ars Augusta erworben werden: Die bescheidene Eintrittskarte kostet 60 Zloty (13 Euro) und hilft der weiteren Sanierung der Perle um die Hälfte des Preises. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, für alle drei Vereine zu spenden und so unsere NGOs und das weitere Engagement für die Region und Kultur zu unterstützen.
Foto: Monika Cichoszewska
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